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Gefühlte Ungerechtigkeiten - mächtige Konfliktpotentiale

Mobirise

Wirtschaftsmediation bei der Unternehmensnachfolge

JoAchim Fenner und Astrid Kühn-Ulrich, Februar 2021

Übergabeprozesse bei Familienbetrieben haben eine ganz eigene Dynamik und hohe Komplexität. Es geht um die Weitergabe eines Lebenswerks, die Erwartungen der nachfolgenden Generation und eine Vermischung beruflichen und privaten Lebensfragen. Ein professionell gestaltetes Mediationsverfahren ist ein effizienter und nachhaltiger Weg, um Konflikte bei der Firmennachfolge konstruktiv zu klären und alle Beteiligten bei der Entwicklung einer tragfähigen Lösung einzubinden. An drei Fallbeispielen aus der unternehmerischen Praxis wird deutlich, wie verschiedenste Herausforderungen bei einem Generationswechsel in der Mediation bearbeitet werden können.

DAS LEBENSWERK IN NEUE HÄNDE GEBEN - MEDIATION BEI UNTERNEHMENSNACHFOLGEN

Zwei Stunden hörte Raimund Fuchs* seiner Tochter Isabella und seinem Sohnes Markus zu. Isabella hatte die Mediation initiiert, um endlich Bewegung in die schwelende Nachfolgefrage zu bringen. Sie und ihr Bruder arbeiteten bereits zehn Jahre in der familieneigenen Firma für Nahrungsergänzungsmittel. Markus, 34 Jahre, als Produktionsleiter, Isabella, 38, verantwortete das Marketing. 1985 hatte er das Unternehmen gegründet; er, der Diplom-Chemiker, inzwischen 67 Jahre alt, der dafür seine gut dotierte Position in der Industrie an den Nagel gehängt hatte.

Er war froh, dass sich beide Kinder mit großem Elan und Fachwissen in den Familienbetrieb einbrachten, und hatte gehofft, den Betrieb in der aktuellen Rollenverteilung mit ihm als Geschäftsführer und Vertriebsleiter noch einige Jahre fortführen zu können. Doch nun hörte er in der Mediation, dass den Kindern Perspektiven und Anerkennung fehlten, und sie einforderten, selbst die Verantwortung zu übernehmen. In ihm stiegen wieder die gleichen Bedenken auf, die er schon seit einigen Monaten zu verdrängen suchte: Sind die Kinder denn schon weit genug, um tatsächlich die Geschäftsführung zu übernehmen? Wie würde es mit seinem Lebenswerk weitergehen? Und vor allem mit ihm selbst? Sein Lehrauftrag an der Hochschule würde noch zwei Jahren weiterlaufen, etwas mehr Sport, die langersehnte Tour durch Kanada – schön und gut, aber er stand doch noch mitten im Leben und die wichtigsten Kunden hatten den Kontakt nur zu ihm …

An dieser Stelle, zwei Stunden des Auftakttreffens waren vergangen, unterbrach der Mediator die Runde. Er hatte gespürt, dass der drohende Bedeutungsverlust bei Raimund Fuchs Vorbehalte gegen das Verfahren auslöste. Der Vater und Geschäftsführer brauchte an dieser Stelle für sich eine Pause. Der Mediator – selbst nur wenige Jahre jünger als Fuchs – schlug einen Ausflug in sein Büro vor. Dort angekommen, war Raimund Fuchs offen für ein individuelles Coaching-Gespräch. Er hatte den Mediator schon in den Vorgesprächen als ein vertrauensvolles Gegenüber kennengelernt, der seine aktuelle Lebenssituation gut nachvollziehen konnte. Im Coaching durchlief er nochmals seine wichtigsten beruflichen Stationen, die Gründung der Firma, die Meilensteine der letzten 30 Jahre. Die eigene Lebensleistung bekam wieder Raum und die für Raimund Fuchs so wichtige Anerkennung.

Hohe Komplexität des Generationswechsels in Familienbetrieben
Übergabeprozesse bei Familienbetrieben haben eine ganz eigene Dynamik und hohe Komplexität (Infobox: Besonderheiten von Familienunternehmen). Da geht es nicht nur um Zahlen und Fakten, sondern vielmehr um die Lebensleistung von Gründern und Unternehmern, um Gestaltungsperspektiven und ganz neue Vorstellungen der nachrückenden Generation, um eine Mischung aus beruflichen und privaten Lebenskonstellationen, um Wünsche und Ängste, die oft zuvor nie ausgesprochen waren und auch so manchem erst im Laufe des Prozesses bewusst werden. Die fachlichen Fragen lassen sich in der Regel mit Experten wie Anwälten und Steuerberatern klären. Doch auch wenn diese gelöst sind, kommt es oft zum Verzug, der Übergabeprozess zieht sich in die Länge, die Alten können nicht loslassen, in manchen Fällen suchen sich die Jungen bessere berufliche Perspektiven außerhalb des eigenen Unternehmens.

Für Unternehmerfamilien, die ein festgefahrenes Spannungsfeld zwischen den Generationen erleben und Bedarf an einer Klärung haben, ist die Mediation ein guter Weg, um die Betriebsnachfolge für alle Beteiligten lösungsorientiert zu regeln. Anders als bei der Fachberatung durch den Anwalt gestaltet der allparteiliche Mediator aus-schließlich den Prozess, nicht aber die inhaltlichen Aspekte. Bei der Mediation geht es vielmehr darum, den Perspektiven aller Beteiligten den notwendigen Raum zu geben, aufzunehmen, wer welche Erwartungen, Interessen und Werte hat. Die besondere Qualität einer Mediation liegt darin einen geschützten Raum zu schaffen, um sich gegenseitig aufmerksam zuhören zu können, schrittweise für sich zu erarbeiten, was hinter den eigenen Vorbehalten, den Sorgen oder der Unzufriedenheit steckt, die Positionen der anderen besser zu verstehen und daraus gemeinsam neue Lösungsoptionen zu entwickeln.

Isabella und Markus Fuchs konnten durch die Mediation verstehen und anerkennen, dass ihr Vater viele seiner privaten Wünsche hintenangestellt hat, um seinen Kindern etwas übergeben zu können. Dem Vater selbst wurde klar, dass er stets in einer Doppelrolle als Entscheider im Betrieb und als Familienoberhaupt agiert hatte, aber nie gelernt hatte loszulassen. Die wichtigsten Themen im Mediationsprozess waren Klarheit in der Kommunikation, Vertrauen untereinander und der Umgang mit der eigenen Unsicherheit.

Der Aufwand für eine Mediation ist in der Regel überschaubar. Grundlage für den Prozess ist die Auftragsklärung zwischen der Familie und dem Mediator. Sie dient dazu, die konkrete Situation und Konstellation der Beteiligten zu verstehen sowie über den Ablauf des Verfahrens zu informieren. Die Auftragsklärung erfolgt meist in einem persönlichen, ein- bis zweistündigen Gespräch, teilweise ergänzt um kurze Telefonate mit den übrigen Prozessbeteiligten. Die Mediation selbst findet an einem ruhigen Ort außerhalb des Betriebs statt, beispielsweise in einem nahegelegenen Hotel. Idealerweise steht ein ganzer Tag für den Prozess zur Verfügung. Bewährt hat sich der Ablauf von Mittag bis zum Mittag des Folgetags mit einer Übernachtung zwischen zwei längeren Blöcken. Bei komplexeren Fragestellungen oder einer größeren Anzahl von Beteiligten läuft die Mediation über mehrere halbtägige Sitzungen innerhalb weniger Wochen ab. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn zwischen den einzelnen Phasen Fachexpertisen eingeholt werden müssen.

Individuelles Coaching zur differenzierten Unterstützung der Beteiligten
Nicht immer läuft eine Mediation linear durch alle vorgesehenen Phasen. Es liegt in der Verantwortung des Mediators, über den gesamten Prozess die Positionen aller Beteiligten zu erfassen. Nicht jeder ist – aus verschiedensten Gründen – immer in der Lage, seine Interessen zu artikulieren oder die eigenen Ressourcen und Kompetenzen einzubringen. Nicht jeder ist in gleicher Weise bereit, sich auf die Auseinandersetzung mit den übrigen Familienmitgliedern einzulassen, so wie Raimund Fuchs, der sich bei der Auftaktsitzung von seinem Bedeutungsverlust bedroht sah. In solchen Fällen ist es hilfreich, den Mediationsprozess um individuelle Coaching-Gespräche zu erweitern.

Im Fall der Natur & Leben GmbH hat Isabella Fuchs ihren Vater nach dem Coaching-Gespräch im Büro des Mediators abgeholt. Das Gespräch auf der Rückfahrt erlebten beide anders als sonst üblich. Raimund Fuchs konnte seiner Tochter auf Augenhöhe begegnen, nicht mehr als Vater gegenüber dem Kind, sondern als Geschäftsführer im Gespräch mit einer engen Vertrauten. Im nächsten Mediationstreffen erfuhr der erfolgreiche Unternehmer von seinen Kindern die für ihn so wichtige Wertschätzung für sein Lebenswerk. Und er selbst konnte über seinen Schatten springen und der Tochter eine schrittweise Übergabe aller wichtigen Kundenbeziehungen zuzusagen. Die Mediation umfasste insgesamt vier halbtätige Sitzungen. Sie war als transformative Intervention angelegt, als ein offener Wachstumsprozess, durch den alle Beteiligten mit neuen Fähigkeiten und mit einer nun wahrhaftigen Bereitschaft aufeinander zugehen konnten. Nach der Mediation waren alle Beteiligten fähig, in Eigenregie die Übergabe auf die nächste Generation gemeinsam zu gestalten.

Bei der Firma Industry-Tools GmbH, einem Hersteller von Werkzeugmaschinen mit rund 250 Beschäftigten, ging es um eine Nachfolgeregelung von der zweiten auf die dritte Unternehmensgeneration. 1975 hatten die beiden Brüder Edwin und Walter von ihrem Vater die Geschäftsleitung übernommen. Der gemeinsame Plan sah vor, dass der 40jährige Diplom-Ingenieur Sebastian, Sohn von Edwin und Neffe von Walter, 2005 neuer Geschäftsführer werden sollte, um den beiden Brüdern einen schrittweisen Übergang in den Ruhestand zu ermöglichen. Doch Edwin und Walter zögerten den Termin der Übergabe hinaus, erst um ein und dann um ein weiteres Jahr. In der Familie nahmen die Spannungen zu, immer wieder gab es heftige Diskussionen, in die sich zunehmend auch die beiden Partnerinnen involvierten. Sebastians Mutter Edith führte noch immer die Personalabteilung, während Sabine, die neue Lebensgefährtin von Walter, als angestellte Physiotherapeutin keinen Bezug zur Firma hatte. Unterstützt von Edith fragte schließlich Sebastian eine Mediation an, um den Konflikt über die Nachfolge zu lösen.

Arbeit in Co-Mediation bei komplexen Fällen mit mehreren Konfliktparteien
Im Rahmen der Auftragsklärung wurde klar, dass alle fünf Parteien in den Mediationsprozess eingebunden wer-den sollten. Dem folgend schlug die Mediatorin vor, in Co-Mediation gemeinsam mit einem Kollegen zu arbeiten. Diese Konstellation macht es für die Mediatoren einfacher, alle Signale und Bedürfnisse der Konfliktparteien auf-nehmen zu können und sich über die Prozessgestaltung kollegial zu beraten. Gerade in gemischten Mediatoren-Teams können zudem die Erwartung der Beteiligten in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen durch die Mediatoren noch wirksamer gespiegelt und vertieft werden.

Der Schlüssel für diesen Fall lag in der Beziehung der beiden Brüder zueinander. Die Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte bekam den notwendigen Raum; viele bislang verdeckte Emotionen im Miteinander der beiden Brüder konnten erstmals ausgesprochen und geklärt werden. Durch die Einbeziehung der Partnerinnen wurde außerdem klar, dass eine Regelung ihrer Rentenanteile ein zentraler Bestandteil der Lösung sein würde. Durch die Co-Mediation wurden alle Perspektiven angemessen berücksichtigt: Während der ältere Mediator sehr intensiv mit den Brüdern an ihrer persönlichen Geschichte arbeitete, brachte die jüngere Kollegin die Themen und Interessen des Nachfolgers Sebastian in die Konfliktklärung ein. Die Mediation konnte in einem Tag abgeschlossen werden, gefolgt von weiteren Terminen mit einem Steuerberater für die konkrete Ausgestaltung der Übergabe.

Die Frage der Nachfolge stand beim Autohaus Schmidt, gegründet in den 70er Jahren und inzwischen auf drei Niederlassungen mit insgesamt 65 Beschäftigten angewachsen, nicht im Raum, als Jochen Schmidt eine externe Beraterin anfragte. Vielmehr ging es darum, für die zerstrittene Geschäftsführung eine neue, tragfähige Perspektive für das Autohaus zu entwickeln. Die Ausgangslage war verworren: Die Geschäftsführung bestand aus drei Personen: Jochen Schmidt als Leiter der Werkstatt, dessen Schwester Sabine Huber, verantwortlich für den Verkauf, - beide Anteilseigner zu jeweils 50 Prozent -, sowie dem langjährigen kaufmännischen Leiter Eberhardt Müller. Dieser hatte schon über mehrere Jahre dringend weitere Investitionen angeraten, während Sabine, unterstützt durch ihren Ehemann, einen Verkauf favorisierte. Jochen Schmidt hingegen wollte seinen Sohn Michael als Nachfolger zu installieren und damit den Fortbestand des Familienbetriebs sichern, scheute sich aber vor zu großen finanziellen Belastungen.

Mediation als Teil einer Organisationsentwicklung
Im Rahmen der Auftragsklärung schlug die Beraterin einen zielgerichteten Prozess zur Organisationsentwicklung vor. Dazu sollten über einen längeren Zeitraum schrittweise die offenen Fragen im Kreis der drei Geschäftsführer bearbeitet werden. Ziel des Auftakttreffens war aber zunächst die Arbeitsfähigkeit der Beteiligten für den OE-Prozess herzustellen. Dabei setzte die Beraterin mediative Techniken ein und bearbeitete mit ihren Klienten den Grundkonflikt entsprechend der Mediationsphasen 1 bis 3 (Infobox: Phasen der Mediation). So ist es gelungen, den Konflikt von einer emotionalen auf eine rationale Ebene zu bringen und im Dialog miteinander neue Ansätze für die Weiterentwicklung des Autohauses zu entwickeln. Im weiteren OE-Prozess wurde eine einvernehmliche Regelung für den Ausstieg der Schwester gefunden, die es dem kaufmännischen Leiter ermöglichte, Gesellschafteranteile zu erwerben, während Michael Schmidt als neuer Prokurist Aufnahme in die Geschäftsführung fand. In der neuen Konstellation konnte schließlich gemeinsam ein Investitionsplan entwickelt werden, der das Autohaus auf einen neuen Wachstumskurs brachte.

Die Fallbeispiele zeigen, dass eine Mediation bei einem Nachfolgekonflikt auf unterschiedliche Weise gestaltet werden kann. Zentrale Bestandteile des Verfahrens sind aber immer die schrittweise Behandlung der Themenbereiche und die nachgelagerten Werte, Interessen und Bedürfnisse der Beteiligten. Und sicher ist auch: Nicht jede Mediation führt zum Erfolg. Der häufigste Grund des Scheiterns ist die fehlende Bereitschaft zur Konfliktklärung. Umso wichtiger ist eine professionelle Auftragsklärung zu Beginn, in deren Verlauf geprüft werden muss, ob tatsächlich alle Beteiligten ein wahrhaftiges Interesse an einer Konfliktklärung haben. Bei Hinweisen auf Hemmnisse kann ein individuelles Coaching die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Mediationsprozess verbessern. Wenn die Betroffenen bei einer konfliktreichen Betriebsübergabe ein wirkliches Interesse an einer Klärung haben, dann ist die Mediation eine sehr effiziente, wirksame und kostengünstige Intervention, da sie zu Lösungen führt, die die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt, und durch ihren transformativen Ansatz die Kommunikations- und Konfliktkompetenz der Teilnehmer nachhaltig stärkt.

*Alle Namen der beteiligten Personen und Unternehmen sowie einige Details wurden verändert, um die Anonymität der Beteiligten zu wahren.
Bildquellen: istockphoto / pixabay, Laris Koshkina

Infobox 1 - Definition und Phasen der Mediation

Die Mediation ist ein außergerichtliches, vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben. (§ 1 Abs. 1 Mediationsgesetz) Der Mediator ist eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt. (§ 1 Abs. 2 MediationsG)

Eine Mediation gliedert sich in folgende Phasen:

  • Arbeitsgrundlagen festlegen
    Vorstellung und Kontaktaufbau, Fragen zu Prozess und Rollen klären, Regeln und Arbeitsgrundlagen festlegen
  • Den Konflikt verstehen: Themen sammeln und strukturieren
    Getrennte Befragung der Konfliktparteien, Sammlung der Themen, Dokumentation, Priorisierung, Erstellung einer gemeinsamen Liste der Themen
  • Konfliktfelder bearbeiten
    Wechselnde Befragung der Konfliktparteien auf Grundlage der gemeinsamen Themenliste; Klärung der individuellen Bedürfnisse und Ziele; Sichtweisen der Parteien verstehen und gegenseitiges Verständnis fördern; Dokumentation und Reflexion
  • Optionen erarbeiten
    Brainstorming: Sammlung und Bewertung von möglichen Lösungsansätzen; Übereinstimmung mit Zielen und Interessen klären; beste Lösung aushandeln und festlegen
  • Vereinbarung abschließen
    Memorandum für eine gemeinsame Vereinbarung erstellen und unterschreiben, Vereinbarung rechtlich prüfen und finalisieren;

Infobox 2 - Besonderheiten von Familienunternehmen

  • Gewachsene Unternehmenskultur:
    Die Unternehmenskultur von Familienunternehmen ist stark von ihren Gründern geprägt. Die Belegschaften identifizieren sich oft und in hohem Maße mit den Führungspersonen und deren Werten. Viele Mitarbeiter sind seit Jahrzehnten an Bord. Mit einem Führungswechsel auf die nächste Generation oder einen familienfremden Manager kann es zu vielfältigen Konflikten kommen, wenn die junge Generation nicht nur neue Strategien verfolgt, sondern auch einen anderen Führungsstil pflegt. 

  • Natürliche Führungsautorität:
    Der Familienunternehmer ist durch sein Know-How und seine Kundenbeziehungen oft der Garant des Unternehmenserfolgs. Mit der großen Bedeutung des Eigentümers geht oft ein sehr personenbezogenes, hierarchisches Führungsverständnis einher. Wichtige Entscheidungen werden durch den obersten Chef getroffen, meist geprägt von Werten wie hoher sozialer Verantwortung, Nachhaltigkeit und Ehrlichkeit. Die Kommunikation mit der Belegschaft findet direkt und ohne Umwege statt, auf Basis langjähriger Vertrauensverhältnisse. Die Positionen des Chefs werden kaum hinterfragt oder offen diskutiert. Die Personalarbeit ist häufig noch wenig professionalisiert.
  • Vermengung von beruflicher und privat-familiärer Rolle:
    Sind mehrere Mitglieder einer Familie im Unternehmen tätig, so lassen sich die Rollen nur sehr schwer abgrenzen. Der Unternehmer handelt nicht nur in seiner Rolle als Geschäftsführer, sondern immer auch gleichzeitig als Vater, Ehemann oder Lebenspartner. Dies kann zu dysfunktionalen Kommunikationsmustern zwischen den Beteiligten führen, die eine hohe negative Dynamik entfalten können. Es hat sich bewährt, auf Grundlage der Transaktionsanalyse nach Eric Berne die Ich-Zustände, Lebenspositionen und Kommunikationsmuster sichtbar zu machen. Durch diese Offenlegung wird benennbar, weshalb sich Konflikte entwickeln konnten und wie sie bearbeitet werden können.  
  • Steigende Komplexität mit jeder weiteren Generation:
    Jeder Generationswechsel in einem Familienunternehmen ist eine eigene Herausforderung, abhängig von den individuellen Erwartungen, Persönlichkeit, Familienstand und Qualifikation der Beteiligten. Deren Anzahl wächst mit dem Fortschreiten der Generationen. Nicht jeder oder jede der (Ur-)Enkel-Generation sieht seine oder ihre Zukunft im Familienbetrieb. Es bilden sich Familienclans aus den Familien der zweiten Generation. Die Positionen verändern sich mit den unterschiedlichsten Rollen als aktive Manager, Mitglieder eines Aufsichtsrats oder reinen Anteilseignern.

Literatur und Links zum Weiterlesen:

Fischer, M.: Mediation in der Unternehmensnachfolge. In: Viadrina-Schriftenreihe zu Mediation und Konfliktmanagement, Wolfgang Metzner Verlag, Frankfurt am Main, 2017; https://www.mediationaktuell.de/sites/ma.site/files/produkte/downloads/sr_viadrina_bd10_fischer_ebook_web.pdf

Fenner, JoAchim: Coaching-assistierte Mediation. In: Spektrum der Mediation, Nr. 46, 2012

Freitag, S. / Richter, J. (Hrsg.): Mediation – Das Praxisbuch. Denkmodelle, Methoden und Beispiele. Beltz Verlag, Weinheim und Basel, 2. Auflage, 2019

Happich, G.: Stabübergabe – Generationenwechsel in mittelständischen Familienunternehmen. In: Coaching-Magazin, Ausgabe 1, 2016
https://www.coaching-magazin.de/hr/stabuebergabe

Kruppa, R. / Rüttinger, R.: Übungen zur Transaktionsanalyse. Windmühlen Verlag, Schillingsfürst, 5. Überarbeitete Auflage, 2016

Rüttinger, R.: Transaktions-Analyse. Windmühlen Verlag, Schillingsfürst, 13. Auflage, 2019

Wimmer, R. / Groth, T. / Simon, F.B.: Erfolgsmuster von Mehrgenerationen-Familienunternehmen. In: Wittener Diskussionspapiere, Universität Witten/Herdecke, Sonderheft Nr. 2, 2004
https://www.osbi.com/fileadmin/user_upload/insights/publikationen/Wimmer_Groth_Simon_Erfolgsmuster_von_Mehrgenerationen-FU_Juni_04.pdf